Endlich ist es soweit und ich darf euch etwas über mein Hands on zum weltweit ersten Modell des neuen Sigma 50mm F1,4 DG HSM [A] berichten.
Für alle, die davon noch nicht gehört haben: der neueste Spross aus Sigmas Objektiv-Portfolio soll etwas ganz besonderes sein. So tönt zumindest das Internet. Und jetzt für alle: Warum soll das Ding etwas besonderes sein? Ganz einfach, weil es eins der besten Objektive sein soll, das für seinen Preis zu haben ist. Mehr noch, es soll eine der besten 50-Millimeter-Festbrennweiten sein, die es momentan zu haben gibt. Bzw. demnächst. Und wer behauptet das? Sigma? Eigentlich nicht…
Sigma hält sich ja interessanterweise relativ zurück, wenn es um das Klopfen auf Buschtrommeln geht. Man gibt sich eher mit Understatement zufrieden und kündigt immer wieder mal Objektive an, die sonst kaum ein anderer so bauen würde oder sich viele Fotografen in ihren Träumen wünschen. So geschehen etwa beim 35mm F1.4 DG HSM oder beim 18-35mm F1,8 DC HSM. Beide Optiken machten vor allem nach Veröffentlichung von sich reden, denn sie entpuppten sich nicht als Griff ins Klo, sondern überraschten damit, dass sie tatsächlich hielten, was die Daten versprachen.
So ungefähr auch beim aktuellen 50mm F1,4 DG HSM [A]. Bereits im Vorfeld wisperte die Gerüchteküche, dass Sigma da ein Referenz-Objektiv baut. Eine besonders lichtstarke Festbrennweite, die komplett neu berechnet und entwickelt wurde, um dem Hunger extrem hochauflösender Kameras gerecht zu werden. Kommt bekannt vor? Genau, denn das war ebenfalls die Zielvorgabe des Zeiss Otus 1.4/55.
Dann gelangten erste Details, Testbilder und Vergleichswerte ins Internet. So ein Datenleck ist immer eine hässliche Sache für einen Hersteller, denn es machen sich vorab gefasste Meinungen von Jedermann breit.
Im Falle des neuen Sigma lautete der Tenor: „Wenn diese Informationen wirklich wahr sind, dann ist das neue Sigma-Objektiv ein Zeiss-Killer.“
Eindruck
Sigma wollte schnell handeln und das Teil in die Presse bringen, um offizielle und zitierfähige Meinungen einzuholen. Und ich bin ein bisschen stolz drauf, der erste Fotograf weltweit zu sein, der das neue 50-Millimeter-Sigma ausprobieren konnte. Und darüber lest ihr hier in diesem kleinen unbedeutenden Blog, den niemand kennt. Und nur ihr wisst es. :)
Grund genug, dem Teil die volle Punktzahl zu geben und den Bericht hier zu beenden. Tschüss!
Nein, schmarrn! Wie ist der Eindruck der Neuvorstellung? Hochwertig, das muss man auf jeden Fall sagen. Ganz ähnlich wie beim Zeiss Otus übrigens: wenn keine 50 Millimeter drauf stünden, könnte man denken, es wäre ein 24-70er und würde den Zoomring suchen. Ordentlicher Durchmesser und liegt gewichtig in der Hand. So gar nicht wie die üblichen 50-Millimeter-Leichtbauoptiken.
Immerhin ist das Glasbaby rund 800 Gramm schwer, knapp zehn Zentimeter lang und achteinhalb Zentimeter dick. Die vordere der 13 Linsen wirkt massiv und saugt das Licht ein wie ein schwarzes Loch. Der Look ist typisch Sigma. Im Gehäuse ist eine Entfernungsskala untergebracht, die ich persönlich nie brauche, aber auch das ist typisch Sigma.
Eigenschaften
Dick und schwer, das hatten wir schon. Allerdings – das muss man dazusagen – nur, wenn man sich klar macht, dass es sich um eine Standard-Festbrennweite handelt. Wer das Canon 24-105er kennt oder vergleichbares, der weiß, was er mit sich rumschleppt. Typisch für diese Klasse ist, dass die kleinstmögliche Blende bei f16 liegt. Die größte liegt bei f1,4. Das ist fast schon da, wo man sich sehr anstrengen muss, um bestimmte Motivbereiche scharf zu bekommen (sieht man gut an den Bildern hier im Artikel).
Aber warum dann ein Objektiv bauen, das so lichtstark ist und so eine hohe Offenblende hat? Die Antwort ist einfach: weil die Bilder geil aussehen. Porträts oder Blumen – die Fotos bekommen so einen verträumten Charakter, der stark an analoge Zeiten erinnert und mit einer Schärfentiefe auftrumpft, die einen in das Bild saugt. Zum Beispiel dieses Foto von dem hübschen jungen Mann hier:

Schwer zu glauben, dass dieser Look von einem 1.4er Objektiv kommt und weder per Photoshop noch von einem 0.95er hervorgerufen wird. Der Raum hinter dem kleinen Helden ist etwa zwei bis drei Meter tief und versinkt bereits in weich aufgelöstem Bokeh, das an ein Ölgemälde erinnert. Man erkennt das Potential, das in dieser Optik vor allem bei Porträts steckt. Wenn man viel Licht hat oder clever genug ist, die Kamera richtig einzustellen (nicht so wie ich), dann kann man auch erahnen, wie scharf die Aufnahmen sein könnten:

Und letztlich hat das neue Objektiv freilich noch einen Autofokus. Der übliche Sigma-HSM, der leiiiise aber nicht ganz lautlos ist. Und sich anfühlt wie wenn man die Schnüre eines Turnbeutels mit einem Ruck zuzieht. Schnapp und sitzt. Allerdings braucht man eine Kamera, die das ebenfalls gut drauf hat. Bei etwas betagteren Modellen wie der EOS 5D Mark II, die hier bei einigen Bildern zum Einsatz kam, merkt man, dass die Kamera selbst der Engpass sein kann, nicht das Objektiv.
Bildstabi gibts nicht. Das ist eigentlich auch nicht üblich bei der Objektivklasse, aber diese Klasse wiegt normalerweise auch nur die Hälfte des Sigma. Wenn überhaupt. Der Kompromiss seitens des Herstellers dürfte wohl darin begründet gewesen sein, alles wegzulassen, was die Bildqualität beeinträchtigen könnte, nicht unbedingt gebraucht wird und den Preis hochtreiben würde. Ist okay für mich bei dieser Brennweite.
Performance
Ich komme nochmal auf die Offenblende zurück. Es ist toll, aber nicht ganz einfach, damit zu fotografieren. Aber weil es eben toll ist, wollen das viele Fotografen auch. Problem dabei: die Leistungswerte eines Objektivs sind fast immer bei Offenblende nicht soo prall. Das hat einfach physikalische Ursachen. Eine der ultimativen Herausforderungen der Objektivhersteller ist also, die Physik zu besiegen und schon bei Offenblende bestmögliche Leistungen zu bieten. Das Zeiss Otus hat das bravourös gemeistert und bietet schon bei Offenblende eine Bildqualität, die mir die Netzhaut von den Augen gebröselt hat.
Und das Sigma? Das 50mm F1,4 DG HSM [A] ist vor allem brutal scharf. Dazu trägt das Kontrastverhältnis bei, zu dem ich nichts genaues hier sagen kann, aber das wirklich hoch ist. Die neue Linsenkonstruktion tanzt mit dem Zeiss gemeinsam auf einer Rasierklinge, die wirklich verdammt dünn ist, Respekt! Und ich wage zu behaupten, dass es da draußen nur wenige Konkurrenten gibt, die da mithalten können.
Das Sigma will definitiv bei den ganz großen mitspielen und darum bin ich hart aber gerecht: es ist nicht über alle Zweifel erhaben. In Sachen Bildqualität offenbart es minimale Schwächen. Die sind aber so gering, dass sie fast keinem Fotografen, der sich das Teil leisten kann, auffallen werden. Vom optischen Eindruck her sind die Fotos sicherlich erstklassig. Aber das braucht ihr mir nicht glauben, das könnt ihr hier ja selbst beurteilen.

Fazit
Ihr seht, die Bilder in diesem Artikel sind etwas … einseitig, nicht wie hier gewohnt. Das liegt einfach daran, dass das 50mm F1,4 DG HSM [A] und ich nur wenig Zeit miteinander hatten, die jedoch hauptsächlich in einem kleinen Modelshooting investiert wurde. An dieser Stelle daher nochmal vielen Dank an das Model Caro, das liebenswerterweise mit mir gearbeitet hat und Sigma, die das ermöglicht haben (Soviel Zeit muss sein).
Insgesamt muss man wohl zugeben, dass Sigma hier eine weitere Premium-Optik abgeliefert hat. Nach dem überraschenden 35mm ist dem Unternehmen hier wieder ein großer Wurf gelungen. Die üblichen Sigma-Kunden werden sich dieses Teil kaufen und vor Lachen nicht in den Schlaf kommen, weil sie eine Top-Konstruktion zu einem brauchbaren Preis bekommen (inzwischen offiziell: rund 1.000 Euro). Ja, es ist ein ernstzunehmender Konkurrent, aber zum Zeiss-Killer fehlt noch ein winziger Tick optischer Brillanz. Letzteres bewegt sich allerdings auch nahezu auf Mittelformat-Niveau und weist Qualitäten auf, die „Normalfotografen“ kaum erkennen können.
Mehr!Weitere voll aufgelöste Bilder zu meinen Hands On-Berichten sind hier zu finden. Mehr Hands on-Berichte selbst zu verschiedensten Kameras und Objektiven gibt es hier.





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