Im vorangegangenen Artikel habe ich die geschichtlichen Hintergründe gängiger Filmformate beleuchtet. Um euch mit nutzlosem Wissen voll zu stopfen? Nein, denn diese Formate gibt es auch heute noch im digitalen Fotozeitalter….
Ihr erinnert euch: in einem rasanten historischen Abriss mit wenigen Eckpunkten bin ich zuletzt bei den Digitalkameras angelangt. Bis dahin fielen Begriffe, die auch heute noch (mehr oder weniger) bekannt sind: Kleinbild und APS. Der Kleinbildfilm hat mit Maßen von 36 x 24 mm jahrzehntelang die Fotografie dominiert und der kleinere APS-Film versuchte Ende des 20. Jahrhunderts einen Neuanfang – relativ erfolglos.
Digitale Sensoren
Die ersten Digitalkameras wirkten wie irrsinnige Konzepte, die wie Technik-Frankensteine von einem Elektronikfriedhof gekommen sein könnten. Sie zeichneten digitale Daten auf analogem Material auf. Oder umgekehrt. Sie konnten kaum was sehen, wogen so viel wie ein Kinderwagen, waren schlecht bedienbar und fraßen so viel Strom wie ein 720-Watt-Ghettoblaster bei voller Leistung. Wahrscheinlich sogar mehr. Ihr Prinzip war dennoch pure Revolution.
Die Filmebene der analogen Kameras wich der Sensorebene der digitalen. Dort, wo früher das Negativ belichtet wurde, fand sich jetzt ein kleiner Plastik-und-Metall-Chip. Die Einheit in einer der ersten massentauglichen Digitalkameras – dem Logitech Fotoman FM-1 – hatte eine Größe von 1/2,7 Zoll. Das ist etwa halb so groß wie einer eurer Fingernägel, rund 5 x 4 mm. Zwar konnte der Fotoman nur monochrome Bilder mit 256 Grau-Abstufungen aufzeichnen, doch hatte man auf dem wirklich winzigen Sensor immerhin schon 100.000 Fotodioden platziert. Heute spricht man daher von einer Sensorauflösung von 0,1 Megapixel.
Aber das nur am Rande. Entscheidend ist, dass das Bildseitenverhältnis des Sensors 4:3 war – also eher wie ein Fernsehbild. Und auch die Größe war um vieles kleiner als der APS-Film, vom Kleinbild ganz zu schweigen.
Die Gründe sind einfach: Es war damals noch enorm schwierig, so technisch aufwändige Dinge wie Bildsensoren herzustellen. Das machte den Prozess langwierig und teuer und darum waren die ersten Sensoren auch so klein. Das änderte sich im Laufe der Zeit natürlich, denn die Digitalkameras wurden immer beliebter. Und sie mussten viele Entwicklungsschritte durchmachen.
Man wollte auf den Fotos mehr Details sehen, also mussten mehr Pixel (Bildpunkte) her. Je mehr es wurden, desto weiter stieg aber auch die Fehlerrate. Es kann immer passieren, dass einzelne Fotodioden der Meinung sind, eine andere Farbe zu sehen als der Nachbar. Oder sie empfangen gar keine Farbinformationen. Darüber hinaus basieren CCD- und CMOS-Sensoren auf Silizium, was zu einem Bildrauschen führen kann, wenn Strom durch sie hindurch fließt. Je mehr Strom fließt, desto heißer werden die Sensoren und desto mehr rauscht das Bild.
Größere digitale Sensoren
Eine Lösung fand sich darin, die Sensoren zu vergrößern. Aber nicht nur, damit mehr Pixel drauf passten, sondern auch, damit man größere Pixel darauf bringen konnte. Denn die Fotodiode auf einem Bildsensor muss nicht immer gleich groß sein.
Die Größe eines Pixel anzugeben, ist nicht ganz einfach. Denn nicht nur die Fotodioden eines Sensors werden Pixel genannt, sondern auch die Farbpunkte von digitalen Fotos. Sind aber unterschiedliche Dinge. Und auch die Auflösung eines LC-Monitors wird in Pixel angegeben – hier ist aber wieder etwas anderes gemeint – nämlich die farbigen Punkte der Bildmatrix.
Hier jedenfalls geht es um die Größe der Fotodioden auf einem Bildsensor. Und die variiert in gängigen Maßen irgendwo zwischen 1,5 und 14 µm. Das ist wirklich verdammt klein. Und dennoch – selbst zwischen den beiden Werten herrscht offensichtlich ein großer Unterschied. Und das macht auch für den Sensor bzw. das Bild einen großen Unterschied. Denn viele Millionen Bildpunkte auf der Fläche eines halben Daumennagels sind anfälliger für Bildfehler als dieselbe Menge auf der Fläche einer Streichholzschachtel. Darüber hinaus produzieren sie unterschiedliche Bildeindrücke.
Das haben auch die Hersteller von Digitalkameras begriffen und irgendwann produzierten sie größere Sensoren mit größeren Pixeln. Canons Modelle erschienen innerhalb der EOS-genannten Baureihe. Die EOS D30 hatte einen Sensor von 15,1 mal 22,7 Millimeter und einer Auflösung von 3,1 Megapixel.
APS-C-Sensoren
Vermutlich, um Fotografen das Format des digitalen Sensors begreiflich zu machen, wählte Canon eine bekannte Bezeichnung und knüpfte damit an analoge Traditionen an. Das Sensorformat der D30 taufte das Unternehmen „APS-C„. Es besaß dasselbe Seitenverhältnis von 3:2 wie auch APS- und Kleinbildfilme. Aber es war weder so groß wie das eine noch das andere.
Erinnern wir uns: Der Kleinbildfilm ist 24 x 36 Millimeter, der APS-C-Film 16,7 x 25,1 Millimeter. Der Sensor der Canon-Kamera ist jedoch 15,1 x 22,7 Millimeter groß. Die Bezeichnung APS-C setzte sich durch, doch damit begann auch die Verwirrung innerhalb der Kamera-Bauformen.
Sony und Nikon pflanzten Sensoren mit der Größe von 23,5 mal 15,6 Millimeter in ihre Kameras ein. Ebenfalls nah am klassischen APS-C-Format, aber eben nicht ganz. Während Sony die Bezeichnung behielt, nannte Nikon dieses Format DX. Wenngleich die tatsächlichen Abmessungen der Bildsensoren auch um wenige Millimeter abwich: als gängige Bezeichnung hat sich dennoch APS-C durchgesetzt.
Vollformat-Sensoren
Es zeigte sich, dass Sensoren im APS-C-Format mit ausreichend großen Pixeln eine bessere Bildqualität lieferten. Das war auch der Grund, warum sie zuerst in den DSLR-Kameras auftauchten, die für ambitionierte Anwender infrage kamen. Die logische Schlussfolgerung bedeutete: noch größere Sensoren mit noch größeren Pixeln schaffen noch bessere Bildqualität. Und das führte zum Vollformat.
Die Vollformat-Sensoren schlossen letztlich den Kreis zu den Anfängen der Fotografie. Denn ihre Größe beträgt 24 mal 36 Millimeter. Das klassische Kleinbild. Übrigens: Während sämtliche Hersteller die Bezeichnung Vollformat übernahmen, kochte Nikon weiterhin sein eigenes Süppchen und nennt die Bauform FX.
Aber sie waren auch teuer in der Produktion und so waren die sogenannten Vollformat-Kameras bis noch vor wenigen Jahren nur professionellen Fotografen mit ausreichend Geld vorbehalten. Sie verschafften eine ausgezeichnete Bildqualität und so war es kein Wunder, dass ausschließlich die Flaggschiffe der großen Kamerahersteller auf diese Technik setzten.
Der Vorteil einer besseren Bildqualität kann jedoch nur so lange aufrecht erhalten werden, wie der Sensor mit einer moderaten Anzahl an Pixel bestückt ist. Die Bildeinheit etwa der Nikon D4 besitzt 16 Megapixel. Jeder einzelne ihrer Bildpunkte ist somit größer und lichtempfindlicher als der einzelne Bildpunkt einer 16-Megapixel-APS-C-Kamera, der weniger Fläche zur Verfügung steht. Das muss man wissen, bevor man behauptet, dass Vollformatkameras eine uneingeschränkt bessere Bildqualität liefern. Steigt die Auflösung, droht auch ihnen die Gefahr der höheren Rauschanfälligkeit. Relativiert wird das ganze von der extrem fortschrittlichen und aufwändigeren Technik der Vollformat-Modelle. Denn obwohl etwa die Nikon D800 ganze 36 Megapixel auf dem Vollformatsensor unterbringt und die einzelnen Pixel entsprechend klein sind, hat sie ein hervorragendes Rauschverhalten, das die meisten APS-C-Kameras wegbläst.
Kraut-und-Rüben-Sensoren
Ich habe die Verwirrung unter den Digitalsensorformaten bereits angesprochen. Und somit sei erwähnt, dass APS-C und Vollformat nicht alles ist. Daneben gibt es noch eine ganze Latte weiterer Sensorformate. Eine ganz nette Übersicht gängiger (längst nicht aller) Formate bietet Wikipedia:
Die Darstellung ist nicht ganz korrekt – je nachdem was man für einen Umrechnungsfaktor von Zoll in Millimeter nimmt. Aber sie zeigt doch sehr anschaulich, wie sich die Formate gegenüber ausnehmen. Der kleinste von ihnen ist nur 4 mal 3 Millimeter groß – dennoch finden sich darauf ganze 8 Millionen Pixel. Verbaut ist das Teil in einem iPhone 5. Ein-Zoll-Sensoren kommen unter anderem in Nikon-1-Kameras vor und die brachialen Mittelformat-Sensoren verbauen etwa Phase One und Hasselblad. Doch auch hier ist die Größe nicht standardisiert und kann variieren.
Auswirkungen auf das Bild
Jetzt, wo ihr wisst, dass es verschiedene Sensorformate gibt, wird es Zeit, euch die Wahrheit zu sagen. Denn die unterschiedlichen Formate haben unmittelbare Auswirkungen auf den Bildeindruck. Welche, erkläre ich euch im nächsten Beitrag dieser Reihe. Da werden Stichworte wie Schärfentiefe, Crop-Faktor, Brennweiten und ähnliches fallen.




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