Über die neue Sigma dp2 Quattro und ihre Bildqualität habe ich mich bereits im entsprechenden Hands on ausgelassen. Heute schiebe ich noch eine vergleichende Betrachtung nach.
Hinweis: In diesem Artikel geht es um eine allgemeinere Betrachung des Bildeindrucks. Eine genauere Betrachtung der Sigma dp2 Quattro ist hier zu finden.
Die außerordentliche Bildqualität der dp2 Quattro steht außer Frage – dafür sorgt der besondere Foveon-Sensor. Aus meinem Bericht über die Kamera ist vielleicht auch herausgekommen, dass sie nicht unbedingt zur Sportfotografie taugt – das Gerät eignet sich besser für bedachte und sorgfältige Fotografie. Das ist ein perfektes Umfeld für sie und dazu gehören sicherlich auch Modelaufnahmen im Studio.
Mit einer Kompaktkamera? Ernsthaft? Dass das nicht so abwegig ist, wollte ich an einem Beispiel mal darstellen. Zum Vergleich habe ich mir meine eigene Kamera, die Nikon D800, geschnappt.
Die meisten werden hier schon aufstöhnen: der will wirklich eine Kompaktkamera mit einer hochgezüchteten Vollformat-Spiegelreflex vergleichen!? Nein, eigentlich nicht. Die beiden Geräte dienen unterschiedlichen Zwecken und unterscheiden sich grundlegend. Aber die folgende Betrachtung zeigt daher auch umso besser, wo eigentlich die Unterschiede zwischen einem APS-C- und einem Vollformatsensor liegen. (Ausführlich habe ich das in einem Fotokurs hier erklärt)
Größenunterschiede
Nahezu dasselbe Motiv, aufgenommen mit zwei unterschiedlichen Kameras.
Links: Sigma dp2 Quattro, 1/125s, f11, ISO 100, 30mm ca. 20 MP
Rechts: Nikon D800, 1/160s, f11, ISO 100, 50mm ca. 36 MP
Den eigentlichen Größenunterschied der Bilder darf man nicht vergessen, denn das korrekte Verhältnis sieht so aus:
Beziehungsweise so (Zoom auf 100 Prozent):
Sensor-bedingte Unterschiede
Auflösung und Größe der Sensoren sind sehr unterschiedlich und das hat natürlich unmittelbare Auswirkungen auf das Bild. Zum einen muss man sich klar machen: zwar wirkt das Quattro-Bild durch die knüppelscharfe Zeichnung detailreicher, jedoch sind die Details bei der D800 höher aufgelöst und feiner. Letztlich beinhaltet das Vollformatfoto natürlich mehr Informationen als das APS-C-Pendant, auch wenn es nicht auf den ersten Blick so wirkt.
Zweiter Punkt: die Schärfentiefe. Aufgrund der verhältnismäßig kleinen Pixel und der geringeren Sensorfläche der dp2q haben ihre Fotos mehr Schärfentiefe. Die D800 hat selbst bei Blende f11 nur einen geringen Schärfentiefebereich, was für einen sehr räumlichen Look sorgt, aber auch eine Herausforderung für Fotografen darstellt:
Während bei der Quattro links das Ohr und die Haare scharf abgebildet werden, sind die Haare bei der D800 schon unscharf, so gering ist der Schärfebereich bei einem Vollformatsensor.
Genereller Bildeindruck
Werfen wir nochmal einen Blick auf dieses Bild, denn es zeigt schön, wie die Kameras mit einem Motiv umgehen und welche Charakteristiken sie haben:
Die Quattro erscheint knackiger und satter, auch einen hauch farbiger. Das ist eigentlich ein typisches Verhalten von Kompaktkameras und SLRs für Einsteiger. Ist in diesem Fall jedoch eher der Farbfülle geschuldet – der Foveon-Sensor bietet massig mehr und genauere Farbinformationen als reguläre Sensoren.
Die D800 erscheint dagegen zurückhaltender in der Farbgestaltung – ein ganz deutliches Merkmal von Profi-SLRs (ziemlich genau 100 Prozent Farbsättigung, während andere Kameraklassen deutlich drüber liegen). Typisch High-End-Nikon ist auch die eher rosige Hautfarbe, denn diese Kameras sind feinsäuberlich auf Haut abgestimmt. Die Quattro tendiert dagegen eindeutig Richtung Gelb/Grün.
Ebenfalls auffällig ist der scheinbar größere Dynamikumfang der D800. Hier ist eine enorme Bandbreite zwischen hellen und dunklen Bildbereichen vertreten und dazu noch eine ganze Staffel dazwischen liegender Töne. Die Histogramme bestätigen das: Die D800 weist ein reichhaltigeres Angebot an Tönungen auf und hält diese ausgezeichnet im Zaum während bei der Quattro die Farben in den Schattierungen leicht ausreißen. Davon agesehen gehen kaum Bilddetails verloren – fast überall ist Zeichnung drin. Die enge Staffelung des Histogramms verweist außerdem auf einen kräftigen Kontrast.
Insgesamt wirkt das D800-Bild natürlicher und realistischer, weniger digital. Daneben sorgen der Dynamikumfang und die zurückhaltenden Farben für enormes Bearbeitungspotenzial.
Plastizität
Hier packt die Sigma den Hammer aus. Die geringere Schärfentiefe und die hohe Bildschärfe, der fehlende Tiefpassfilter und das exakte Auslesen der Pixel helfen der Kamera, einen so plastischen Bildeindruck zu produzieren, wie ich ihn vorher nur selten gesehen habe:
Ihr seht einen 100-Prozent-Ausschnitt einer Aufnahme, die aus einem Abstand von etwa einem halben Meter gemacht wurde. Vielleicht stimmt ihr mir zu, wenn ich behaupte, dass der Bildeindruck einen schlicht aus den Socken bläst. Jedes unrühmliche Detail bis hin zu Hautschuppen ist zu sehen, gleichzeitig bleibt ein Eindruck von Tiefe und ein fast dreidimensionales Gefühl für das Motiv entsteht.
Die D800 im Gegensatz sorgt für einen künstlerischeren Bildeindruck. Ganz deutlich sticht hier auch wieder die geringe Schärfentiefe hervor.
Wer diesem Blog hier regelmäßig folgt und meine digitalen Werke kennt, bekommt jetzt eine Ahnung davon, welche Herausforderung fotorealistisches Arbeiten mit solchen Vorlagen stellt. Die Detailauflösung ist einfach immens.
Tiefe
Hier sieht man, warum sich die Quattro gut für die Arbeit im Studio mit gleichmäßigem Hintergrund eignet: die passende Beleuchtung unterstreicht den plastischen Eindruck und die hohe Schärfentiefe ergreift das ganze Motiv und stellt es von hinten bis vorne frei.
Das Gefühl für Tiefe umfasst in diesem Beispiel den Unterschied zwischen Kopf und Hintergrund.
Die D800 differenziert das noch stärker. Das Gefühl für Tiefe umfasst hier den Hintergrund, die fokussierten Bereiche – also hier das Auge – und die unscharfen Bereiche. Das Vollformat-Foto saugt den Betrachter tiefer in das Motiv hinein. Um den Eindruck der Quattro zu reproduzieren wäre hier ein höherer Aufwand nötig – mehr Blitzpower, noch kleinere Blende.
Noch ein Beispiel für die hohe Schärfentiefe der dp2q. Ohr und Kopfhaut sind scharf abgebildet und reich an Oberflächentexturen.
Der Schärfebereich der D800 reicht schon nicht mehr bis zur Kopfhaut heran, ein stärkerer Eindruck von Tiefe entsteht.
Details
Auch wenn die Nikon Details höher auflösen kann, die Sigma ist schon extrem detailreich und dank der vielen Bildinformationen und des fehlenden Tiefpassfilters quetscht der Sensor aus einem Motiv auch das letzte Quentchen heraus:
Da muss man manchmal daran erinnern, dass es sich nicht um eine Makroaufnahme handelt, sondern lediglich den Ausschnitt des gesamten Porträts.
Die Bilder der Quattro sind nicht einfach detailreich und sehr scharf – die Quattro-Fotos sind beinahe schmerzhaft detailreich, so scharf wie ein Tera-Watt-Laser durch Butter schneidet und stoßen damit an Mittelformatqualitäten.
Das sorgt natürlich auch für herrliche Texturen, die so echt wirken, dass man sie anfassen möchte.
Potenzial
Eine letzte Spielerei zeigt, welches Potenzial in den Quattro-RAWs steckt. Bei dem Bildausschnitt habe ich es etwas übertrieben, die Kontraste hochgefahren, etwas nachgeschärft und einige Bereiche von Hand nachbelichtet:
Fazit
So ein bisschen in Ergänzung zu „Vollformat vs. APS-C“ zeigt der Vergleich schön die unterschiedlichen Bildeindrücke zwischen einer Vollformatkamera und einer solchen mit kleinerem Sensor. Dass es sich bei der Sigma dp2 Quattro im Grunde um eine Kompaktkamera handelt, darf man ja eigentlich gar nicht sagen, denn die Bildqualität liegt einige Treppenstufen über einer solchen. Auch das dürfte klar geworden sein.
Die Quattro ist meiner Meinung nach ein elegantes Gerät für überlegtes Fotografieren mit einem beneidenswerten Sensor in einer Kamera, die fast schon massentauglich ist. Zwar ist die Technologie eines D800-Kalibers fraglos auf einem höheren, professionellen Niveau, doch taugt auch die Sigma für einiges mehr als nur Schnappschüsse.
Mehr!
- Den Hands-on-Artikel zur Sigma dp2 Quattro könnt ihr hier lesen.
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