Linux-Adventures #3: Moblin

Nachdem ich das letzte Mal von meiner Begegnung mit Kuki-Linux erzählte, komme ich heute zu einem weiteren Betriebssystem, das meinem Acer neues Leben einhauchen sollte. Moblin schien sich dafür auch ziemlich gut zu eignen, stellt es sich doch schon auf der Homepage zum Projekt als sehr lebendig vor.

Mittlerweile habe ich heraus gefunden, dass das Moblin-Projekt ursprünglich von Intel initiiert wurde als Betriebssystem für mobile, internetfähige Geräte. Daher ähnelt Moblin auch weniger einem typischen Linux oder Windows, sondern eher einem Betriebssystem für Smartphones. Genauer gesagt heißt das, es gibt nicht den gewohnten Desktop, sondern stattdessen eine Leiste am oberen Bildschirmrand, über die die wichtigsten Funktionen direkt aufrufbar sind.

Der MyZone-Bildschirm ist in diesem Sinne eine Art Willkommens-Bildschirm, auf dem in drei Spalten die wichtigsten Informationen gesammelt werden: fällige Termine und Notizen, die am Häufigsten benutzten Programme, die zuletzt besuchten Seiten und verwendeten Dateien sowie Updates von Freunden aus diversen Social-Networks.

Pro:

– Der MyZone-Bildschirm ist nützlich und ansprechend gestaltet
– über den Konktakte-Bildschirm sieht man sofort, welcher Kontakt in einem beliebigen Messenger-Systen online ist. Dort kann man demjenigen auch mit wenigen Mausklicks eine Nachricht schreiben
– ein weiterer Bildschirm widmet sich Netzwerk-Verbindungen, sowohl Kabel-, Bluetooth- als auch WLAN-Verbindungen, und ist übersichtlich und schnell erkennbar gestaltet. Selten sah das Verbindungsmanagement so einfach und übersichtlich aus
– Mails lesen und schreiben geht ebenfalls mit einem weiteren Frontend, das auf dem Mail-Client Evolution aufbaut. Evolution selbst bekommt man dabei zwar nicht zu Gesicht, doch ist hier ein schnelles Arbeiten Trumpf
– alle weiteren Programme und Einstellungen erreicht man ebenfalls über einen weiteren Bildschirm
– das System ist hübsch gestaltet, wirkt gleichzeitig elegant und stylisch
– offiziell wird die Bootzeit mit 5 Sekunden angegeben. Ich bin niemand, der sich um zwei bis drei Sekunden streitet, aber Moblin ist gegenüber anderen Systemen ziemlich schnell hochgefahren

Kontra:

–  ist man nicht in diversen Social-Networks zuhause, verliert ein Teil des MyZone-Bildschirms seine Bedeutung und verschwendet viel Platz, da er bis jetzt noch nicht gut genug anpassbar ist
– praktisch alle Fenster werden nicht maximiert geöffnet und haben auch keinen Button zum Maximieren. Gerade auf Netbooks verschwendet das unnötig Platz – auch, wenn es nett aussieht
– Obwohl die Installation und Deinstallation von Programmen sehr einfach ist, stehen doch nur wenige zur Auswahl. Glücklicherweise gibt es den Linux-typischen Paketmanager, mit dem man diese Hürde umgehen kann
– Büro- und Organisationsprogramme sind im Installationsumfang nicht enthalten; einen PIM z.B. muss man sich erst nachträglich besorgen und kommt dann in Konflikt mit den verschiedenen Frontends, die dann überflüssig werden
– Leider kann man sich die jetzige Moblin-Version nur sehr wenig anpassen. Weder die MyZone noch die Einträge in der wichtigen Systemleiste lassen sich ändern
– trotz des Anspruchs, den Akku des Geräts zu schonen, verbrauchte Moblin gegenüber allen anderen getesteten Betriebssystemen den meisten Strom
– einen bekannten Bug bei Systemen für das Acer One kann man erst mit einem Patch loswerden: SD-Karten werden erst erkannt, wenn sie beim Booten eingesteckt werden
– Windows-basierte Formatierungen wie zB NTFS werden nicht unterstützt

Fazit: Moblin ist auf dem Weg das zu werden, was es sein will: ein stylisches Betriebssystem für Internet-affine Endgeräte. Der Fokus liegt definitiv auf Social Networks und Entertainment. Zwar wollte es vom Start weg noch nicht alle Medien abspielen, doch treibt man ihm diesen Mangel mit einem simplen und kleinen Update aus.

Ein Arbeitstier oder eine Büro-Erweiterung macht man aus Moblin aber nur mit gewissen Anstrengungen. PIM-Funktionalitäten werden nur rudimentär oder umständlich unterstützt. Als vorgeschlagenes Office-Programm erhält man das wenig verbreitete AbiWord – OpenOffice muss man sich erst umständlich als Paket suchen.

Wer sein Netbook als mobile Pforte ins Internet und zu seinen Freunden nutzen will, ist allerdings mit Moblin genau richtig beraten und bekommt das alles in einer schicken Verpackung. Die Software-Unterstützung ist soweit ganz gut ausgebaut und es lohnt sich, dieses Projekt noch weiter im Auge zu behalten.



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